Da stehen wir vollgepackt wie die Esel am Gleis…als hätten wir Angst unterwegs zu verhungern! Man könnte meinen, wir beliefern den Speisewagen. Wir können den Zug schon sehen, müssen allerdings noch durch eine Sicherheits- und Passkontrolle wie am Flughafen. Erst nachdem unsere Reisepässe und Zugtickets genauestens kontrolliert wurden, dürfen wir auf das Gleis.
Die 2 Zugbegleiterinnen pro Wagon, stehen in ihren Uniformen in Reih und Glied und begrüßen die Passagiere. Nach einigen Momenten in denen wir realisieren müssen, dass wir jetzt wirklich in die transsibirische Eisenbahn einsteigen, schleppen wir uns zu unserem Wagon.
Hier erwartet uns eine freundliche mongolische Zugbegleiterin, die uns begrüßt und uns gleich unsere Kabine zuweist. Englisch? Fehlanzeige… aber freundlich gelächelt wird! Durch den sehr engen Gang schlängeln wir uns mit den riesigen Rucksäcken, die hier direkt noch viel größer wirken, bis zu unserem Abteil vor. Wir haben 2 Betten in einem 4-er Abteil gebucht.
Kurze Aufgabenverteilung: Frank spielt eine Runde Rucksack-Tetris im Abteil und Käthe guckt aus dem Fenster und betet, dass keine weiteren Gäste in unser Abteil einziehen. Nach 10 hektischen Minuten, einigen nicht jugendfreien Flüchen und 2 Liter Schweiß, hat Frank das Werk vollbracht. Alles verstaut! Wo allerdings die potentiellen anderen zwei Mitreisenden ihr Gepäck lassen sollen bleibt offen…naja, immerhin könnten wir sie mit ausreichend Essen versorgen.
Irgendwann kommt unsere mongolische Zugbegleiterin mit unserem Bettzeug und versucht uns dann auch zu sagen, dass niemand weiteres mehr in unser Abteil kommt, wir uns also ausbreiten können. Tja, verstanden haben wir das dann leider erst in Ulan Bator.
Auf die Sekunde genau fährt der Zug los. Frank ist glücklich und muss das alles erstmal verdauen. Nach einer guten Stunde des sacken lassen’s, begeben wir uns dann auf Erkundungstour durch den Zug. Wir finden den Heißwasserboiler, ein kleines Waschbecken, Trinkwasser und sehr saubere Toiletten! Der Zug an sich ist zwar etwas älter aber unheimlich gepflegt und sauber. Wir beobachten dass die Zugbegleiterinnen, wenn sie sich nicht um die Gäste kümmern, die ganze Zeit am putzen sind. Außerdem stellen wir fest, dass wir die einzigen Passagiere in unserem ganzen Wagon sind…huch?! Na ob das wohl alles stimmt?! Der ganze Zug ist ausgestorben…überall höchstens eine Kabine pro Wagon belegt. Das kommt uns irgendwie merkwürdig vor. Erst viel später, genauer gesagt mitten in der Nacht, finden wir die Erklärung dafür.
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Der Grenzübergang
So vergehen die ersten Stunden wie im Flug. Wir fahren durch ein tolles Gebirge und viele Tunnel. Die Aussicht ist so toll, dass wir uns gar nicht aufs lesen oder bloggen konzentrieren können. Wir schauen nur aus dem Fenster, schlürfen Kaffee, machen es uns gemütlich und genießen es, endlich in DER Transsibirischen Eisenbahn zu sitzen. Später kommen wir sogar in den Genuss eines tollen Sonnenuntergangs in den ersten Ausläufern der Wüste Gobi, die sich bis nach China rein erstreckt.
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Wir haben die beiden unteren Betten, was allgemein schon komfortabler ist. Sie sind auch etwas breiter als die oberen. Aus einer Bank macht man aber halt kein Himmelbett. Es bleibt also recht hart und schmal, auch wenn die Bettsachen frisch sind.
Stundenlang poltert und rattert der Zug über die Gleise….Stoßdämpfer?! Was ist das?! Jedesmal wenn der Zug nur leicht bremst knallen die hinteren Zugteile aufeinander… Oha, wie soll man dabei bloß schlafen fragen wir uns?! Darüber haben wir uns zu früh Gedanken gemacht, denn wir werden sowieso nicht schlafen!
Es wird spät, wir werden so richtig schön müde geschaukelt und gerattert. Frank trinkt noch gemütlich das letzte Bierchen, bevor wir an die Grenze kommen, Käthe macht sich für die Nacht fertig. Bald erreichen wir die mongolische Grenze. Hier muss der Zug auf die russische Gleisspur eingestellt werden, die etwas breiter ist als die chinesische. Eine irrwitzige Prozedur! Tagtäglich müssen alle Züge umgesetzt werden um durch die Mongolei, Russland und China hin und her zu gurken. Gehört und gelesen haben wir davon…wir sind aber nicht im entferntesten darauf vorbereitet wie das Spektakel abläuft!
Kurz vor dem Grenzstop und dem Umsetzen der Wagons, hat Frank gerade einen Fuß in die Toilette gesetzt, da kommandiert ihn die mongolische Zugbegleiterin wieder heraus. Man würde es nicht wagen einer mongolischen Zugbegleiterin zu widersprechen. Der Grenzübergang nähert sich, die Toiletten werden jetzt geschlossen! Krawumm! Für geschlagene 5 Stunden!
Es steht ein Hinweisschild auf der Toilette, dass dies 30 Minuten vor Grenzübergang passiert. Käthe hat’s gelesen…und Frank auch gesagt…sehr leise…denn Frank hat’s wohl nicht gehört…oder so….auf jedenfall ist Käthe schuld!
Jetzt geht das Spektakel los! Es ist fast Mitternacht und es klingt als wären wir in den näheren Umkreis eines Presslufthammers geraten. Es wird gehämmert, Schrauben werden gelockert, gezogen und wieder montiert. Fast ausschließlich alles Handarbeit, bis auf die Wagonheber. Jeder einzelne Wagon wird abgekoppelt, dann werden die Wagons per Lift angehoben und die neuen Räder mit der russischen Spurbreite druntergeschoben und wieder angekoppelt. Über Stunden dieses laute polternde, knallende und ruckartige (ist gar kein Ausdruck) Geschehen …fürchterlich! Am Anfang schauen wir noch fasziniert zu, dann wollen wir einfach nur noch Ruhe. Jetzt wissen wir, warum effektiv Krach als Foltermethode eingesetzt wird. Wir können kein Auge zutun.
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Zwischendrin die Passkontrolle. Wer es geschafft hat ein Auge zu zumachen, wird allerdings dann hiervon wieder geweckt. Erst auf der chinesischen Seite Passkontrolle, jemand kommt rein bittet um die Pässe schaut uns prüfend an und verschwindet mit den Pässen…WAS?! Wir schauen uns irritiert an…“wo geht der hin mit unseren Pässen“?!
Nur so nebenbei, Frank platzt fast die Blase…
Nach 2 Stunden kommt er dann tatsächlich wieder und bringt unsere Pässe zurück. Wir tuckern weiter zur mongolischen Seite und hier passiert dasselbe nochmal. Echt ein merkwürdiges Gefühl, dass die den Pass mitnehmen und man selbst den Zug nicht verlassen darf!
Dann haben wir es geschafft, endlich! Es ist 4 Uhr morgens…wir sind fix und fertig und versuchen bei dem üblichen Gepolter noch eine Mütze Schlaf zu bekommen. Frank hat das Blasentraining seines Lebens hinter sich.
Jetzt wissen wir, warum der Zug so leer war. Keiner der sich vorher schlau macht, tut sich das an! Lektion gelernt!
Endlich Mongolei
Als wir am nächsten Morgen wach werden sind wir natürlich richtig gut drauf! So eine Nacht ohne Schlaf ist schon eine Erfahrung wert. Als wir die Gardinen öffnen, werden wir allerdings ein wenig entschädigt. Die Wüste Gobi! Wahnsinn! Eine für uns einmalige Landschaft zieht vorbei. Durch das Fenster können wir beobachten wie der lange Zug wie eine Schlange durch die Wüste gleitet. Manchmal sehen wir hier und da kleine Siedlungen mitten im Nirgendwo. Ansonsten meilenweit Sand und Sanddünen! Ulan Bator selbst erreichen wir gegen Nachmittag. Uns bleibt also noch genügend Zeit die Nacht zu verarbeiten und alle Körperteile wieder an die richtigen Stellen zu rücken.
Frank hat in der Zwischenzeit mal kurz den Speisewagen ausgecheckt und so essen wir noch eine Kleinigkeit, einfach der Erfahrung wegen, im Speisewagen, schauen aus dem Fenster und genießen die Aussicht. Vorbei an Kamelen, mongolischen Jurten und wilden Pferden!
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Gegen Mittag lassen wir die Wüste Gobi hinter uns. Ab da wird es ein wenig hügelig, hier und da wird es ein wenig grüner, karg und baumlos bleibt es trotzdem. Je dichter wir Ulan Bator kommen, desto häufiger sehen wir Jurten Dörfer. Drei Kühe, ein paar Schafe und Ziegen machen das Dorf komplett. Manchmal sehen wir einen einzelnen verloren wirkenden Allradwagen durch die Prärie fahren um Herden zu versorgen oder anzutreiben.
Ankunft in Ulan-Bator
Gegen Nachmittag erreichen wir Ulan-Bator. Die Aufregung steigt ein wenig…Jetzt betreten wir mongolischen Boden! Wer hätte gedacht, dass wir mal in der Mongolei landen?! Was wissen wir überhaupt über dieses Land, eingepfercht zwischen China und Russland…fast nichts!
Mit nur wenig Vorstellungen was uns in diesem Land erwartet, packen wir unsere 7 Sachen und verlassen den Zug. Am Bahnsteig erwartet uns ein großes handgeschriebenes Schild mit unseren Namen, unser Hostel hat uns einen Abholservice geschickt, das klappt doch schon mal super. Das Auto fällt zwar halb auseinander und klappert an allen Ecken und Kanten, aber es fährt. Englisch Fehlanzeige! Unser Chauffeur hat uns aber gefunden und liefert uns mit allem Gepäck am Hostel ab, Job erledigt, grinst er uns freundlich zahnlos an.
In unserem Hostel werden wir freundlich und auf englisch empfangen. Alles prima soweit. Die Sonne strahlt! Wir werden darauf aufmerksam gemacht, dass die Wetterumschwünge in Ulan-Bator richtig drastisch sind… was wir die nächsten Tage noch zu spüren bekommen. Die ersten 2 Tage haben wir allerdings 25 Grad und Sonnenschein, richtig schön!
Unsere Zufallsbekanntschaft.
Im Sonnenschein lassen wir uns durch diese Stadt treiben und werden plötzlich von einem jungen Mann auf deutsch angesprochen. Er hat gehört, wie wir deutsch sprechen und würde unglaublich gerne sein Deutsch mit uns ein wenig verbessern. Er habe in Deutschland Verwandte, war bereits ein paar Mal dort und sein größtes Ziel ist es mal in Deutschland zu arbeiten.
Wir verstehen uns auf Anhieb und bekommen auf deutsch eine kleine Stadtführung durch die Innenstadt. Danach zeigt er uns ein typisch mongolisches Restaurant. Dort erfahren wir noch ein wenig mehr über die Mongolei, plaudern noch ein wenig und bekommen einige echte
mongolische Gerichte empfohlen. Er zeigt uns ein Würfelspiel, bestehend aus 3 Schaafsknochen, das laut mongolischer Tradition die Zukunft voraussagt.
Wir probieren die gewürzte frische Milch, die absolut fürchterlich schmeckt! Dass muss die Milch sein von der Frank gehört hat. Schmeckt wie sämige Butter mit geringem Anteil Kotzwürze. Dazu gibt es gefüllte Teigtaschen, sehr lecker mit würzigem Käse, oder Lamm- (nicht so ganz unser Fall) oder Rindfleisch. Unser mongolischer Zufalls-Touristenführer muss dann leider wieder zur Arbeit und verabschiedet sich von uns. Wir essen unsere kulinarischen Experimente (fast) auf und durchstöbern dann weiter die Stadt.
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Ulan-Bator liegt mitten im Land, ringsherum die Berge und Wüste. Alles, aber auch wirklich alles muss aus Russland und China importiert werden. Man mag sich untereinander aber überhaupt nicht, was natürlich ziemlich schwierig ist in dieser Abhängigkeitssituation. Eigentlich ist jeder Mongole Millionär…die Mongolen sitzen auf unglaublichen Bodenschätzen! Die Regierung hat es aber geschafft Deals mit der ganzen Welt so unbefriedigend zu gestalten, dass die Investoren wieder abgezogen sind. Die Mongolen sind ein sehr stolzes Volk. Das Bildungssystem ist sehr gut, so sprechen fast alle Mongolen ein sehr gutes Englisch. Trotzdem lebt alles von und in dieser großen Stadt. Auf dem Land gibt es fast keine Arbeitsplätze. Und so kommt es, dass Ulan-Bator als Stadt einerseits fortschrittlich ist, der Rest des Landes andererseits aussieht wie ein 3. Welt Land.
Auf der Haupt-Geschäftsstrasse bemerkt man das schon im kleinen. Sie wirkt wie aus einer anderen Welt. Kleine Buden in denen Kleidung angeboten wird, die bei uns noch nicht mal auf dem Flohmarkt zu finden wären, daneben riesige Einkaufszentren mit Luxusgütern und Zara, H&M, Northface…alles zu finden. Witzig ist, dass mitten zwischen all den Häusern immer noch traditionelle Jurten stehen, mittendrin! Das wirkt alles total surreal, hat aber seinen eigenen uns fremden Charm! Wir lernen viel über die Mongolei in den nächsten Tagen und wundern uns so häufig.
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Mongolisches Wetter
Als wir am nächsten Morgen aus dem Fenster schauen, sind wir ein wenig erschrocken. Es schneit und es sind nur noch 6 grad. Wow, das ist wirklich mal ein Temperaturumschwung. Mist, eigentlich wollten wir doch gerne noch eine Tour in die Natur unternehmen?! Stattdessen schaffen wir es nur bis zum nächsten gemütlichen Café und müssen uns nach 10 Minuten Fußmarsch direkt wieder aufwärmen. So verbringen wir unsere Zeit wohl oder übel in den Shopping Centern. Die Preise halten einen aber sehr schön vom shoppen ab, auch wenn Käthe sich in einen mongolischen Kaschmirschal verliebt!
Am Tag der Abreise dann wieder Friede-Sonnenschein, allerdings keine 26 grad mehr. War ja klar… allerdings haben wir die Mongolei jetzt definitiv mal auf die Liste gesetzt. Hier lohnt es sich sicher nochmal her zu kommen. Ein sehr interessantes Land mit unheimlich freundlichen Menschen.
Für uns geht es wieder wie mongolische Esel zum Bahnhof. Diesmal haben wir das erste russische Ziel vor uns…Irkutsk! Sibirien und der Baikalsee warten auf uns!
Und der Grenzübergang?
Richtig!
Wieder mitten in der Nacht. …wir sind stolz auf uns, das haben wir richtig gut gemacht.